NOISEOVER LIVE // DATES
22. April 2023
Oberdeck
Königsworther Straße 20
Hannover
Einlass: 19:00
Beginn: 20:00
Artists
STAMMHEIM KLANGFORSCHUNG
Mario, ein paar Worte über dich
Viele werden mich unter meinem Künstlernamen »Ado Hinkel« kennen. Anfang der 90er hat es mich von Kiel nach Hannover verschlagen und seit dieser Zeit bin ich in dieser Stadt, der Musik- und Kulturszene verwurzelt. Damals gab es in Hannover einige Underground-Locations mit einer musikalisch recht breit aufgestellten Szene.
Wie kamst du zur Musik?
Durch den Sound, den man in den Clubs dieser Zeit gehört hatte, bekam ich Lust, eigene Ideen umzusetzen. Damals wusste ich noch nicht, dass Industrial/Noise ein bereits existierendes Genre war. Einstürzende Neubauten und ähnliche Bands hatte ich aber in Kiel schon gehört.
Auf jeden Fall wollte ich laut sein, die Wände einreißen und die gewohnten musikalischen Hörgewohnheiten verlassen. Im hiesigen Club spielte ich einer Bekannten einen Track von mir vor und sie meinte direkt: »Du musst unbedingt mal meinen Freund kennenlernen. Der macht auch solchen Krach und ihr würdet euch sicher gut verstehen«.
So kam es und Nils und ich planten, zusammen ein paar Split-Tapes zu veröffentlichen. Das war dann auch, Anfang/Mitte der Neunziger, die Geburtsstunde unseres Tape-Labels »Bunkersound-Kollektiv«. Unsere damalige Art, mit Sounds umzugehen, ergänzte sich sehr gut und so sind die neisten Veröffentlichungen zusammen entstanden, wenngleich es eigentlich getrennte Projekte waren.
So richtig los ging es für uns, als Silvio von Membrum Debile Propaganda (einem damals extrem großen Mailorder für Industrial, Noise, Atonales etc.) bei mir anrief und mich fragte, ob wir bei ihm veröffentlichen wollen und ob er unsere Sachen bei sich in der Mailorder listen soll.
Anfangs hab ich das für einen Scherz gehalten und direkt aufgelegt. Silvio hat dann nochmal angerufen mit den Worten »Aber nicht gleich wieder Auflegen bitte«. B:S:K wuchs und wir veröffentlichten unsere Sachen, hatten da auch schon ausreichende Kapazitäten einige, andere Projekte bei uns mit unterzubringen.
Als mehr Live Auftritte anstanden, konnte Nils das zeitlich und privat nicht mehr und wir haben das Label aufgelöst. Seitdem haben wir keine Musik mehr zusammen gemacht. Mitte der 2000er Jahre ist es auch bei mir deutlich ruhiger geworden.
Warum gerade dieser Sound?
Gute Frage. Die kann ich so konkret garnicht beantworten. Musikalisch höre ich sehr viel verschiedene Genres. Von Ska über Folk (Ich spiele nebenbei auch Banjo und Cajon.) bis EBM und natürlich Industrial, Noise und was in diesen Bereich noch mit reinfällt.
Was/wer hat dich musikalisch in der Vergangenheit inspiriert?
Die düstere Atmosphäre von The Klinik und später auch Dive (Beides Projekte in denen Dirk Ivens maßgeblich involviert war.) fand ich auf jeden Fall super interessant. Die Live-Auftritte von Coil waren für mich immer sehr eindrucksvoll und haben mich, auch wenn ich ihre Musik nie so stark präferiert habe, in meinem eigenen Schaffen begleitet und inspiriert.
Was sind deine aktuellen Projekte?
Und da holt mich meine Vergangenheit wieder ein … Aus der langjährigen Zusammenarbeit mit Nils und dem Bunkersound Kollektiv sind noch einige musikalische Baustellen offen geblieben und Ideen, die seit Jahren in meinem Kopf rumgeisterten. Mitte der 2010er Jahre ergab es sich, dass jemand mir jemand seinen Korg MS-20 verkaufen wollte und ich so wieder Blut leckte. Ich bin sehr froh, dass ich auf dem Weg wieder zurück zu Industrial gefunden habe.
Achja – aktuelles Projekt ... Mit Stammheim Klangforschung habe ich die alten Wurzeln wieder aufgegriffen und ein Konzept-Projekt geschaffen, das sich mit den Stammheim Strafprozess und der RAF auseinander setzt. Über das WDR-Archiv bekommt man mittlerweile Zugriff auf einige der damals versehentlich nicht gelöschten und in irgendeinem Archiv eingestaubten Tonbandmitschnitte des Prozesses. Diese habe ich in einem Liveauftritt verarbeitet.
Vielleicht wird es dazu auch noch ein eigenes Album geben. Ich bin vorerst froh, diese eine alte Baustelle hinter mir zu lassen und mich aktuellen musikalischen Ideen widmen zu können.
Wo soll es hingehen?
Früher war man jung und üngestüm, rastlos und voller Pläne. Ich denke, heute sehe ich das sehr viel gelassener und ich für meinen Teil habe jetzt keine festen Pläne oder Ziele die ich unbedingt erreichen will. Was nicht heißen soll, das ich musikalisch jetzt untätig wäre. Es ergeben sich viele interessante Kontakte und Möglichkeiten.
An dieser Stelle sei auf das NO/NOISEOVER Projekt mit Michael von Mesopotam verwiesen. Industrial meets Berlin Techno. Nette Klänge im permanenten Dialog mit vermeintlichen Lärm. Ein Projekt, das ich auf Anhieb super interessant fand und mich schon auf den in Kürze bevorstehenden Auftritt im Oberdeck in Hannover freue.
MESOPOTAM
Michael, ein paar Worte über dich
Ich bin im niedersächsischen Outback in der Nähe von Hannover aufgewachsen und war früher in Clubs wie dem Spliff und BAD unterwegs. Nach einer Weile habe ich Hannover verlassen, da ich hier beruflich keine Zukunft sah und bin ins Rheinland, später dann nach Berlin gezogen. Jetzt bin ich wieder in Hannover, allerdings aus privaten Gründen.
Wie kamst du zur Musik?
Als deprimierter Konsument. Ach Quatsch. Ich war schon immer kreativ. In meinem Job bin ich als Grafiker unterwegs, habe früher Malerei betrieben, dann viel fotografiert und tue das auch immer noch. Beispiele sind auf FOURBEATS zu sehen. Irgendwann ergab es sich über die Fotografie, dass ich einen Techno-DJ portraitierte, der mich dann dazu überredete, eine Booking-Agentur auf die Beine zu stellen. Die gibt es heute immer noch.
»Schuld« an der Gründung von FOURBEATS in Berlin war seinerzeit Marco Remus. Der war letztlich auch dafür verantwortlich, dass mich der Gedanke gepackt hat, es mit der Musik selbst zu versuchen. Aus meiner Perspektive passte das, weil Musik meine sonstigen Betätigungen ergänzte - nur eben nicht mehr nur passiv. Die Anfänge waren – wie bei anderen Leuten auch – eher schlimm. Das hat sich auch zum Glück meiner näheren Umgebung deutlich geändert. Es ist jetzt nicht mehr schlimm, es ist nur noch laut.
Warum gerade dieser Sound?
Ich sehe in Techno grundsätzlich die Essenz von Musik. Das Genre lässt die Konzentration ganz auf Rhythmen und Frequenzen zu, gibt sich damit zufrieden und packt entsprechend gezielt zu. Ich mag den treibenden intensiven Sound, der einen Geschichten erzählen lässt, auf die sich die Crowd einlassen kann. Techno ist grade, direkt, intensiv. Für mich passt das. Ich gestalte und fotografiere ähnlich konzentriert reduziert.
Was/wer hat dich musikalisch in der Vergangenheit inspiriert?
Alle, ausgenommen Schlager. Ernsthaft: Ich bin über den Jazz zu Techno/elektronischer Musik gekommen. Das ist weniger erstaunlich, als es jetzt vielleicht klingt. Mich haben perkussive Instrumente immer fasziniert, ebenso wie der Bass. Beides findet sich im Jazz, ebenso, wie der Bruch mit Konvetionen. Eine weitere Inspiration waren Bands wie Skinny Puppy, Nizzer Ebb, Front 242 und auch Acts wie The Creatures. Mich hält aber auch nichts davon ab, mir immer noch Electro oder auch New York Hardcore anzuhören. Überall gibt es etwas, was mich inspiriert. Ach; Sepultura wäre da auch noch zu nennen.
Was sind deine aktuellen Projekte?
Aktuell ist es neben FOURBEATS das Projekt MESOPOTAM und der Name ist Programm. In erster Linie ist das ein Live-Act, den ich immer weiter ausbaue. Der Name hat übrigens nichts mit der Levante zu tun. Er bezieht sich auf eine alte byzantinische Kirche im Süden Albaniens, in der alle möglichen Spolien (Teile aus anderen Gebäuden) verbaut sind. So setze ich auch meine Musik zusammen. Daneben beschäftige ich mich weiterhin mit der Fotografie.
Wo soll es hingehen?
Das wird die Zeit zeigen. Ich bin da recht offen. In einer Welt voller Vorurteile und Grenzen, die ihren Ursprung in Ängsten haben, sollte man open minded bleiben. Klar; ich werde vermutlich nicht zur Harfe wechseln. Synthesizer und das, was man mit ihnen machen kann, sind schon mein Ding. Vermutlich bleibt es grundsätzlich bei Techno; allerdings verbunden mit recht viel Experimentierfreude. Im Idealfall natürlich live und flexibel. Schließlich ist dieses Genre es, was einem genau das ermöglicht und das finde ich ziemlich sexy.
Derzeit läuft auch das Projekt NOISEOVER, gemeinsam mit Mario (Stammheim Klangforschung), das gerade durch die unterschiedliche musikalische Herkunft sehr interessant ist – vermutlich und hoffentlich auch für die, die wir derart beschallen; in Kürze im Oberdeck in Hannover.